Jeder, der noch nie in Schweden war, fragt, was denn so faszinierend an dem Land sei. Und warum Schweden und nicht Dänemark, Norwegen oder gar Finnland?
Die 1. Reise, die ich nach Schweden gemacht habe war Stockholm. Ein langes Wochenende in einer Hauptstadt. Da weiß man noch nichts. Schicke Stadt, alte Häuser, moderne Häuser, viele Leute, teuer und ein unvergessliches Konzert einer Lieblingsband. Dieses Wochenende war aber mehr als Städtetrip. Dort stellten sich persönliche, sehr wichtige Weichen. Daher lasse ich diese „Reise“ mal außenvor…
Aber ab 2013 fanden die Urlaube fast ausschließlich in Skandinavien, besonders Schweden statt. Siehe dazu auch unter der Rubrik „Reisen“ Einiges in nächster Zeit.
Schweden hatte dabei immer einen besonderen Stellenwert. Dänemark ist schön, aber irgendwie nicht Meins. Norwegen ist spannend, aber viel schroffer und anders als Schweden. Der Nordkapp bildet für mich persönlich das Highlight. Finnland, abgesehen von der sehr schwierigen Sprache, war es für mich überraschendes Land. An einigen Stellen negativ überraschend, an anderen Stellen positiv überraschend.
Ein Beispiel ist Rovaniemi. Ich dachte nur: Oh Himmel, was für eine schreckliche Stadt! Plus ne Stunde Zeitverschiebung. Beim Blick hinter die Kulissen ergab sich, dass die Stadt 1939 von Russland bombardiert wurde. Nach dem Machtwechsel gab das Deutsche Militär dort der Stadt den Rest und zerstörten alles. Der Wiederaufbau ab 1945 war dann wohl eher zweckmäßig als schön. Nur das Weihnachtsmanndorf nebst Weihnachtsmannpostamt am Polarkreis machte die Sache positiver.
Eine schönere Ecke war der Saariselkä und im Winter sicherlich der Knaller. Tankavaara als alte Goldgräbergend war auch interessant.
Schweden hingegen bietet von Allem etwas. Ob es das Plus an Blumen ist oder die weichere Landschaft… ich kann es nicht direkt festmachen, aber mein Herz schlägt für Schweden.
Natürlich kenne ich auch die nicht so schönen Seiten. Ob es Problembezirke sind, Bandenkriminalität, das längst nicht so luxiriöse Gesundheitssystem wie in Deutschland etc. Es gibt das Vieles, was man aufzählen kann.
Dennoch macht das Miteinander den großen Unterschied. Leben und Leben lassen… Offene, herzliche und hilfsbereite Menschen. Egal wo wir waren, es gab nie negative Erlebnisse -mit Ausnahme in Kista – einem Stadtteil von Stockholm-.
Besonders liebe ich die Landschaft. Vom flachen Skane bis nach Lappland oder westlich die bergige Seite.
Zu Midsommar, wenn das große Fest stattfindet, glaubt man ersthaft, man lebt in einer Astrid Lindgren Geschichte. Es wird gesungen und getanzt. Ohne Jemanden zu kennen, fässt man seinen Nachbarn an die Hand und tanzt im Kreis und lacht und kommt ins Gespräch. Würde sowas in Deutschland möglich sein?
„Aber in Schweden ist doch alles so teuer“ – Nein, ist es nicht. Als wir 2013 das Ferienhaus hatten, habe ich echt geschluckt, was die Preise im Supermarkt betrifft. Mittlerweile sind die Unterschiede gar nicht mehr so groß. „Ja, aber die Schweden verdienen ja so viel“ – Quatsch! Tun sie nicht. Das Gehalt, was ich hier in Deutschland bekomme, werde ich nie in Schweden bekommen. Allerdings sind die Abgaben anders. Es gibt einen festen Prozentsatz zwischen 29 bis 55 % für Spitzenverdiener (und abhängig von der Region) und dann ist Feierabend. Da ist alles drin enthalten. Steuer, Sozialversicherungsleistungen wie Rente und Krankenkasse etc. Unterm Strich bleibt mehr vom Netto als in D.
Eine Steuererklärung ist im Normalfall eine Din A4 Seite. Man loggt sich im Skatteverket ein und kann digital signieren. Zack erledigt. Nicht Anlage A-Z wie in Deutschland mit völlig undurchsichtigen Paragraphen und Wenns und Abers.
Zum Gesundheitswesen. Schon 2013 lernten wir kennen, dass es dort anders läuft als hier in Deutschland. Meine Tochter hatte sich auf dem Weg zum Auto bei Abreise den kleinen Zeh verletzt, was wir aber erst auf der Fähre feststellten. Der Zeh schwoll auf gigantische Größe an und auf der Fähre gab es leider nichts weiter als Verbandsmaterial und ein Pflaster. Ok… dann kümmern wir uns bei Ankunft in Lofsdalen darum und suchen einen Arzt auf.
Im Touristbüro in Lofsdalen angekommen, fragten wir gleich nach dem nächsten Arzt. Es wurde sanft gelächelt und dann wurden wir aufgeklärt. Lofsdalen selbst hatte damals keinen Arzt. Der nächste Arzt wäre in Sveg. Das sind 66 km. Und man fährt nicht einfach so zum Arzt und setzt sich dort hin. Man ruft in der Vardcentral an, schildert sein Anliegen und erfragt dann den nächst möglichen Termin. Das kann schon mal Tage dauern, da die Ärzte ja auch Hausbesuche machen. Und wegen eines möglicherweise kleinen gebrochenen Zehes geht man eh nicht zum Arzt.
Oha. Plausibel alles, also Augen zu und durch!
Ebenso der pure Luxus: Anschlussheilbehandlungen. Wo in D man regelmäßig Anspruch auf eine Kur hat oder nach allen möglichen Verletzungen Physiotherapeuten sich austoben oder eine Reha ansich in Anspruch genommen wird, ist das der absolute Luxus in Schweden. Vielleicht gehen die Menschen dort aber dann anders mit ihrer Gesundheit um.
Ich könnte hier stundenlang weiterschreiben, wo die Unterschiede sind. Aber entscheidend für mich ist der Wohlfühlfaktor. Und dieser ist in Schweden enorm hoch.
Das Reisen kreuz und quer durch Schweden macht einfach nur Spaß. Die vielen kleinen Orte machen es. Die wunderschönen Kirchen ohne übertriebenen Protz. Schlicht und schön. An manchen Orten steckt auch viel Geld drin, aber anders.
Ebenso die „offenen“ Grundstücke. Auch wenn teilweise die Grundstücke eingezäunt sind, wird man jedoch nicht ausgegrenzt und es ist keine Festung. Alles ist viel offener. Man respektiert die Grenzen des Anderen.
In den Reisen seit 2012 haben wir so viel erlebt und gesehen, dass ich mit Sicherheit sagen kann: Das wird mein neuer Lebensmittelpunkt.